Über die Schulter schauen - Raku Keramik

Vorwort

Seit dem Erscheinen des Titels "A Potter´s Book" von Bernard Leach 1940 in England und 1971 beim Hörnemann-Verlag als "Das Töpferbuch" gibt es ungezählte Veröffentlichungen über das sogenannte Raku. Die wenigsten gehen sensibel genug mit der Verwendung des Titels "Raku" um.

Dieses Wort, dieser Titel gehört, entgegen aller Gewohnheit seit 1940 in der westlichen Welt als keramische Gattung Fuß gefaßt zu haben, seit 15 Generationen der Töpferdynastie RAKU in Kyoto, heute Kichizaemon XV. Raku. Im umfangreichen Katalog zur großen RAKU-Ausstellung in Leeuwarden, im Niederländischen Keramikmuseum Het Princessehof schreibt Kichizaemon, dass Töpfer in aller Welt diesen Titel respektieren sollten. Lesen sie dazu auch den deutschen und engl. Text zur Geschichte des Raku. Hier empfehle ich auch weiterführende Infos, Seminare und Links zur japanischen Teezeremonie : www.tee-weg.de

Wenn in der 420-jährigen Geschichte des japanischen Raku vor allem das Rote Raku (akaraku) und das Schwarze Raku (kuroraku) dominierten, so gab es immer auch in geringerem Umfang ein helles oder weißes Raku in sehr vielfältigen Ausdrucksformen der jeweiligen Künstler und Epochen (Jokei II u. a.). Auch sind die tatsächlich farblichen Übergänge oftmals fließend, für den Laien nicht immer einfach zuzuordnen. Mit den Bezeichnungen der drei klassischen Rakufarben sind auch unterschiedliche Brenntechniken verbunden.

Zurück in Lindelbach bei Raku-style Thomas Henle


Raku Keramik nach dem ersten BrandEntgegen dem gängigen Verständnis vom vielfach beschriebenen spektakulären Rakubrand, welches sich doch zumeist auf den Glasurbrand bezieht, bezeichne ich meinen ersten Brand, Schrühbrand oder Rohbrand als viel spektakulärer. Bei diesem Brand entsteht schon diese charakterische faszinierende Farbigkeit meiner Raku Teeschalen, für welche Frau Prof. Dr. Jorinde Ebert, (die Historikerin für Ostasiatische Kunst, die viele Jahre meines Schaffens fruchtbar begleitete) den Begriff „Zeichen von Feuer und Gras“ prägte. Ich erfand diese meine Brenntechnik für mich fast spielerisch, oder umgekehrt? Hat ein spielerisches Zufallsergebnis mich gefunden?

Auf diesem meinen Weg - Teekeramik herzustellen, verbinde ich Ideen von zwei großen japanischen Keramikthemen zu der einen und benenne sie RAKU-STYLE. Einerseits die Idee aus dem großen Töpferort „Bizen“, wo Töpfer u. a. auch meersalzgetränkten Seetang um die Töpfe wickeln, um diese organischen Zeichnungen, - vermittelt über das enthaltene Meersalz (Salzglasur) – im Brand punktuell sichbar zu machen und dem „Raku“, dem niedrigen Brennverfahren, wo die leuchtenden Farben entstehen. Auch wird mit Raku verbunden der kurze Glasurbrand, der abrupt abgebrochene Brand, was meiner Idee zu Gute kommt, dass nicht alle Farben unter der Glasur wieder wegoxidieren.


Amphoren mit Raku Ware im großen Ofen vor dem BrandDer langen Vorrede nun ein Ende. Ich wickle meine Teeschalen und andere grüne Ware (Rohware) in organisches Material wie Gräser, Kräuter, Rinden, Stroh, u. ä. ein, streue Holzspäne oder Holzkohle dazwischen und starte mit dieser Ladung den Schrühbrand. Ein Blick in den fertigen Ofen könnte vermuten lassen, ich würde einen Container Ware gut für eine Überseefahrt verpacken.

Hier ist mir ganz wichtig zu erwähnen, dass dies keine Gebrauchsanleitung sein soll, für: „Wie kann ich die Ofendecke meines E- oder Gasofens in die Luft jagen“. Ich empfehle hobbytöpfernden Menschen dringend, dies nicht in geschlossenen Räumen zu praktizieren. Es lauern Gefahren für Brennofen, die Töpferware und für Leib und Leben.

Über einen solchen Rohbrand erzähle ich nicht sehr viel. Er dauert relativ lange, kann ziemlich nervenaufreibend sein, aber das Öffnen des Ofens nach zwei Tagen läßt ein Töpferherz höher schlagen. Ich schreibe über die entstehenden Flammenformen und Schatten auch auf der Seite über meine Raku Keramik. Die Aschefäden der Gräser hängen wie Spinnweben in einer alten Grabkammer, aber schnell sehe ich die dahinterliegenden „Zeichen von Feuer und Gras“!

Tage danach folgen Arbeiten wie das Abkehren der Aschen, das Sortieren und schließlich das Glasieren mit einer Transparentglasur. Das dadurch eindringende Wasser in den Scherben muß wieder restlos austrocknen, ehe die Teile in den heißen Ofen mit einer langen Eisenzange eingesetzt werden. Kistenweise hole ich die zu brennende Ware aus dem großen Brennofen, der nun hierfür als Trockenkammer dient.


Ich vor dem großen Brennofen mit Raku-Ware in der HandBeim Glasurbrand setze ich etwa im Stundenrhythmus die zu brennende Ware ein und wieder aus. Da der Ofen sehr gut isoliert ist, fällt die Temperatur des Ofens beim Ausbau sehr angenehm ab und steigt beim erneuten Befeuern wieder schnell an. Das erleichtert etwas die heikle Arbeit beim Ein- und Aussetzen der Ware mit der langen Eisenzange.

Das Aussetzen der Ware geschieht auf mehrere Etappen. Wenn ich etwa 5 - 8 Teile dem Ofen entnommen habe und die Glasur der Ware sich mit leisem und ansteigendem Ping-ping bemerkbar macht, kommen die Teile schnell in ein Strohbett in einer verschließbaren Metalltonne, wo Rauch die entstandenen Haarisse schon färbt und das Krakelee zeichnet.

Hier möchte ich die französische Töpferin Christine Fabre zitieren, die diese „Musik der Teeschalen“ wunderbar beschreibt: „Wenn sie nicht singen würden, man müsste glauben, sie würden leiden!“

Anschließend folgt sofort das Wasserbad. Schon können die fertigen Keramiken abgewaschen und bestaunt werden. Wenn die Zeit dafür wäre, denn der Ofen will über einen ganzen Tag immer wieder bestückt und gefeuert werden usw.

Rakuware muß, um den Temperaturschock von 1000 º C auf Außentemperatur in kürzester Zeit gut überstehen zu können, einem hochschamottierten Scherben aufweisen. Dieser Umstand macht ihn unplastisch, porös und der Klang einer Teeschale ist auch deshalb leicht gedämpft. Dies hat jedoch stets die Teemeister erfreut, da das Schlagen des grünen Tees mit dem Chasen die Stille des Teeraumes nicht so stört, wie der hohe Klang einer Teeschale von Steinzeug oder Porzellan.

Unmittelbar mit der Tradtion der Teezeremonie ist diese Rakuware verbunden. Bei der Teezeremonie ist die Reinigung der Teeschale Teil der Handlung, mit Wasser und Tüchlein. Auch ohne Teezeremonie sollte eine Rakuteeschale nur schonend mit Wasser und von Hand gereinigt werden. Am Besten unverzüglich nach dem Gebrauch, wie auch bei der Teezeremonie. Keinesfalls versuchen sie bitte, Teeflecken mit scharfen Mitteln über Nacht "einzuweichen" oder dieses Problem ihrer womöglich nicht informierten Haushaltshilfe zu überlassen.